Volksdorfer Schachecke Nr. 12


Schach auf Distanz

von Rudolf Angeli

Vor wenigen Wochen haben wir mit Corona-Schutzkonzept und -Auflagen gerecht einen Neustart mit Nahschach in der Räucherkate auf Sparflamme begonnen. Und schon droht das wiederauflebende Virus uns wieder aus dem Vereinsheim zu „vertreiben“. Die anfängliche Euphorie mit den aktuellen technisch ausgereiften Möglichkeiten des Online-Schachs auf Lichess und anderen Schachservern ist bei vielen verflogen. Insbesondere unsere älteren Schachfreunde können sich nur bedingt mit dieser Schachspielart anfreunden, sofern sie es denn überhaupt versucht haben. Zu ungewohnt, zu schnell und zu unpersönlich, um gewohnte Schachfreude aufkommen zu lassen. Längst sind auch die Ligaspiele auf Hamburger Schachbund-Ebene für 2020 abgebrochen.

Zurzeit läuft ein gemeinschaftlich ausgerichtetes Turnier mit dem befreundeten Schachverein in Großhansdorf als kleiner „Ersatz für ein alleiniges Vereinsturnier“. Gespielt wird in Großhansdorf und in der Räucherkate. Doch auch für dieses Turnier war die Melderesonanz der Volksdorfer Spieler leider auf niedrigem Niveau.

Dennoch ungebrochen bleibt der Wunsch zum Spielen. Was tun? Gibt es noch weitere Alternativen?

In den 80er Jahren spielte ich jahrelang mit Eifer und großer Freude Fernschach beim BdF (Bund deutscher Fernschachfreunde):
im Deutschen Fernschachbund e.V., der auch heute noch besteht und dem sich wahrscheinlich in diesen Zeiten vermehrt Spielwillige anschließen. Die Angebote der Spiel- und Turniermöglichkeiten sind heute genauso riesig wie zu meiner Spielzeit.

Für mich war es besonders wichtig bei dieser Spielform gewesen, dass mir Spielpartner aus der ganzen Welt zugeordnet wurden. Eine Partie mit einem Amerikaner, einem Polen, einem Norweger, Südamerikaner oder aus Papua-Neuguinea gleichzeitig auszutragen, verlieh dem Spiel einen ganz ungeheuren Reiz und machte Riesenspaß. Die langandauernde Korrespondenz der Züge mittels Karten führten oft zu einem persönlichen Austausch, der über das schachliche hinausging.

Dieses antike Flair ist verweht. Die rasante Entwicklung der Daten- und Computertechnik brachte für das Schach Hilfsmittel hervor, die es nahezu unmöglich machen, ein reines   Mensch gegen Mensch – Spiel abzusichern.

Der BdF (https://www.bdf-fernschachbund.de/)  hat es längst aufgegeben, seinen Fernschachspielern zu verbieten, einen Schachcomputer „mitspielen“ zu lassen. Die heutigen Regularien erlauben den Einsatz jeglicher Hilfsmittel. Und die kommen wohl nahezu durchgängig zum Einsatz. Damit hat sich für mich diese Form erledigt; ich möchte nicht gegen das neueste Computerprogramm antreten, auch wenn das vom BdF in die „wissenschaftliche“ Theorie-Ecke gestellt wird, gemeinsam mit der Technik nach dem „wahren Zug“ zu forschen. Bei einigen wenigen Turnierangeboten herrscht Engine-Verbot, doch wer prüft die Verbotseinhaltung und wie? (Auch wenn es Hinweise gibt, dass KI-gestützte Programme im Hintergrund diese Prüfung vornehmen können).

Corona-Zeiten, schwierige Zeiten; nicht nur für die Arbeitswelt, Gastronomie und Touristik, sondern auch für die Vereinswelt, die primär vom Zusammenkommen und gemeinsamen Tun lebt („Amici sumus – Freunde sind wir“ = Leitspruch des BdF).

 

Eine große Herausforderung für die Verantwortlichen und alle Engagierten des Volksdorfer Schachklubs die lange Virusstrecke zu durchlaufen. Wir müssen gemeinsam uns den Gegebenheiten anpassen und den Verein in eine neue Zukunft führen.