Volksdorfer Schachecke Nr. 18


Schach und die schöne Literatur (5)

von Rudolf Angeli

Die Annahme, Schach sei ein trockenes, mathematisches Spiel der Logik, trifft die Sache nur bedingt. Es gibt zwar eine große Anzahl an Mathematikern und Informa-tikern unter den Schachspielern, aber das facettenreiche Spiel hat auch seine dunklen Seiten, seine tiefenpsychologischen As-pekte, wo Herz, Seele und Gefühl beteiligt sind. Und Spiel und Spieler werden davon ungewollt beeinflusst. Am Brett beim ernsten Spiel der Geisteskräfte wird vergleichbar gekämpft wie gegen die Unbil-den des realen Lebens.

Schon immer findet sich weltweit unter den Schriftstellern eine Vielzahl, die dem Spiel selbst sehr zugetan sind und auch aus dessen diversen Eigenschaften Motive und Plots für ihr Schreiben ziehen. Das gilt für Kriminalromane, Thriller, aber auch für Mainstream-Romane bis zur Weltliteratur

Vladimir Nabokov, einer der ganz großen russischen Autoren des 20. Jahrhunderts, weltweit bekannt geworden durch seine Romane „Lolita“ und „Pnin“ beschreibt in seinem frühen Roman „Lushins Verteidigung“ (1930; 1961 in deutsch bei Rowohlt) das traurige Leben und Schicksal eines Mannes, der dem Schach verfallen ist. In der realen Schachgeschichte finden wir einige Beispiele großer Schachmeister, die uns vor Augen führen wie nah Genie und Wahnsinn beisammen liegen. Irgendwie scheint es bei einer Überanstrengung des Geistes ein Risiko der „Grenzüberschreitung“ zu geben. Im Roman beschreibt Nabokov wie in einer psychologischen Studie den Lebensverlauf des einseitigen Genies Lushin vom „schweigsamen, duckmäuserischen Kind“ über seine nur aufwärtsgehende, einsame Schachkarriere bis zum geistigen Zusammenbruch. Beim „Spiel seines Lebens“ sucht er verzweifelt nach dem Zug, der ihm den Sieg bescheren soll. Vergeblich. Am Ende steht der Sprung aus dem Fenster. Nabokov hatte ein Vorbild für seinen Lushin: den deutschen Schachspieler und -theoretiker Curt von Bardeleben. Nabokov kannte von Bardeleben noch persönlich. Bardelebens Leben endete mit einem Sprung aus dem Fenster.       
1970 sieben Jahre vor seinem Tod veröffentlichte Nabokov das Buch „Poems and Problems“, das 53 Gedichte und 18 selbstkomponierte Schachprobleme enthält.
Für Nabokov hatte die Dichtkunst und das Komponieren von Schachproblemen den gleich hohen Stellenwert (‘Inspiration of a quasi-musical, quasi-poetical or to be quite exact, poetico-mathematical type, attends the process of thinking up a chess composition…’)

 

Zeitlebens beschäftigte er sich neben der Schmetterlingsforschung mit dem Schachspiel. Ganz besonders mit dem Komponieren von Problemen.

Eine seiner bekannteren Mattaufgaben:

 

Wie setzt Weiß am Zug in 2 Zügen Matt?