Schachecke Nr. 22


Carlsens kompetenter Kompagnon

von Günter Klemm

Im Dezember 2021 hat der norwegische Schachweltmeister Magnus Carlsen seinen Titel zum vierten Mal verteidigt. Er schlug den Russen Jan Nepomjaschtschi überzeugend mit 7,5 zu 3,5 Punkten. Carlsen hatte seinen Gegner genauestens studiert, dessen wenige Schwächen exakt analysiert und konnte ihn so immer wieder vor große Probleme stellen.

 

Es ist allgemein bekannt, dass die Spieler eines solchen Weltmeisterschaftskampfes sich sehr gewissenhaft vorbereiten. Ein mehrköpfiges Team aus Schachgroßmeistern (die sogenannten Sekundanten) und andere Helfer stehen den Spielern bei der Vorbereitung und während des Wettkampfes zur Seite. Nicht ganz so bekannt ist jedoch die Tatsache, dass ein gebürtiger Hamburger bereits seit längerem Sekundant von Magnus Carlsen ist. Er unterstützte Carlsen in den Weltmeisterschaftskämpfen der Jahre 2016 und 2018 und wie bereits erwähnt im Dezember 2021. Sein Name: Jan Gustafsson.

 

Es lohnt sich, einen genaueren Blick auf diesen Schachspieler zu werfen, der 1979 in der Hansestadt geboren wurde. Gustafsson war schon als Jugendlicher sehr erfolgreich und errang im Jahr 2003 den Titel des Schachgroßmeisters. Er wurde mehrmals deutscher Vizemeister und erspielte sich zwei Mal den Titel des deutschen Blitz-Meisters (beim Blitzschach haben die Kontrahenten nur 5 Minuten Zeit für die gesamte Partie). In der Schachbundesliga spielte er zunächst für den Hamburger SK, bevor er im Jahr 2009 zum Serienmeister OSG Baden-Baden wechselte. Mit dessen Mannschaft wurde er in den Jahren zwischen 2010 und 2019 insgesamt neun Mal deutscher Meister.

 

Obwohl Gustafsson noch immer zu den besten Schachspielern Deutschlands und zur erweiterten Weltspitze zählt, hat er sich in den letzten Jahren immer mehr vom aktiven Turnierschach zurückgezogen. Dies liegt einerseits an seiner Sekundantentätigkeit für Magnus Carlsen, die viel Zeit in Anspruch nimmt. Gustafsson ist als einer der weltweit besten Eröffnungskenner bekannt und er war maßgeblich mit dafür verantwortlich, Carlsens Eröffnungsrepertoire für dessen Weltmeisterschaftskämpfe zu perfektionieren.

Die Tatsache, dass Carlsen seit Jahren auf den Rat des Hamburgers vertraut, verdeutlicht Gustafssons große Kompetenz.

 

Der andere Grund, warum Jan Gustafsson immer weniger Zeit für aktives Turnierschach hat, ist, dass er zahlreiche Aktivitäten im Internet betreibt und dort eine immer größere Popularität erlangt hat. Er kommentiert regelmäßig große Schachturniere live auf „Youtube“ oder „Twitch“ und zwar sowohl auf Deutsch wie auch auf Englisch, häufig im Team mit anderen Weltklassespielern. Hierbei machen ihn sein sprachlich-rhetorisches Talent und sein großes schachliches Wissen zu einem vorzüglichen Botschafter des königlichen Spiels. Wer von seinem immensen Eröffnungswissen profitieren will, dem seien die Videos von „Jan’s Opening Clinic“ ans Herz gelegt, in denen er zahlreiche Tipps für den Beginn einer Schachpartie präsentiert.

 

Schach muss nicht immer bierernst betrieben werden, auch das zeigt sich in Gustafssons Internetaktivitäten. Großer Beliebtheit erfreuen sich seine sogenannten „Banter-Blitz-Sessions“, in denen er live im Internet spielt und die Partien geistreich kommentiert. Seine Selbstironie und sein trockener Humor kommen hier besonders gut zur Geltung. Ebenfalls sehr unterhaltsam anzuschauen ist seine Schachshow „Lach- und Schachgeschichten mit Jan Gustafsson“. Wer sich für Schach interessiert und Jan Gustafsson noch nicht kennt, dem sei nahegelegt, dessen Videos mal unter die Lupe zu nehmen.

 

 

 

Zum Abschluss noch eine kleine Schachaufgabe aus einer Internetpartie des Autors dieser Zeilen:

 

 In einer wilden Partie hat Weiß gerade mit dem Bauernzug nach e6 den entscheidenden Fehler begangen.

Wie konnte Schwarz nun in vier Zügen matt setzen?